Julia Ludwig, Jochen Schneider und Robert Cossen
Veer
12. April – 22. Mai 2015
Eröffnung: Samstag, den 11. April 2015, 19 Uhr
Finissage: Sonntag, den 24. Mai 2015, 14-17 Uhr
Öffnungszeiten: Sa-So 14-17 Uhr u. nach Vereinbarung
Gallery Weekend Berlin mit anwesenden Künstlern Julia Ludwig, Jochen Schneider & Robert Cossen am 02.05.-03.05., je 14-19 Uhr
Die Ausstellung versammelt Arbeiten von Julia Ludwig, Jochen Schneider und Robert Cossen. Alle drei Künstler/Innen haben u.a. in Leipzig so wie in Halle Saale studiert und leben und arbeiten heute in Berlin und Leipzig.
Überschaut man die drei Positionen, so fällt zunächst die thematische Vielfalt der Arbeiten ins
Auge. Vom Spiel mit Bildstrategien über die Erkundung der Vielschichtigkeit des jeweiligen
Mediums bis hin zu mehr oder weniger deutlichen Bezügen zur sichtbaren Realität zeigen sich
verschiedenste Ansätze.
Gemeinsam ist den Arbeiten das Spiel mit den Ambivalenzen zwischen Kalkül und Zufall, Ordnung
und deren Auflösung, mit selbst aufgestellten künstlerischen Maßstäben und deren gleichzeitiger
Unterwanderung. Der Ausstellungstitel VEER -vom englischen Verb to veer: umschwenken,
drehen- betont dieses Kippmoment, das die Arbeiten mobilisiert. Sie bekunden ein Interesse an
der Erschaffung von Kontrasten und visuellen Zusammenhängen- klar, beinah nüchtern behaupten
sie ihre Bilderfindungen.
Mit dem Bewusstsein, in einer Gegenwart zu leben, die in ihrer Komplexität für den Einzelnen oft kaum zu erfassen ist und in ihrer Flüchtigkeit das Beziehen fester Positionen fast ausschließt, stellen sich die vorgestellten Künstler/Innen existenziellen Fragen. Dabei sind sie auf Strukturen und Texturen gestoßen, auf Flüchtigkeiten und Gefüge, die unser Dasein prägen. Sie schaffen in ihren Werken persönliche Ordnungen und Unordnungen der Dinge und des Raums und lassen uns im Chaos Zusammenhänge, Wiederholungen und Stereotype erkennen. Aus der Reduktion der Arbeiten entfaltet sich ihr sinnlicher Reichtum.
Julia Ludwigs Radierungen leben in ihrer Ästhetik von einem Wechselspiel der Darstellungen von
Oberflächen und Tiefen, Natur und Zivilisation, scheinbar realistischen und zeichenhaften
Elementen. Die Sinnlichkeit der filigranen, teils tiefschwarzen Landschaften und Architekturen
verbindet sich mit der fast mathematischen Präzision des Entwurfs, der der späteren Radierung
voran geht. Bildgebende Verfahren wie Linienätzung, Aquatinta und Mezzotinto folgen, stehen
dabei kontrastierend nebeneinander und erzeugen räumliche Wirkungen.
Das Zusammenspiel von unmittelbar sichtbaren und verborgenen chemisch-technischen
Prozessen mit all ihren Zufällen und Unwägbarkeiten ist dabei für die Bildentstehung so wichtig wie
das Motiv selbst, das sich oft in der Umsetzung stark verändert.
Menschliches Sehen heißt auch Räume zu konstruieren und sich selbst zum Wahrgenommenen in
ein Verhältnis zu setzten - sich zu verorten. Insofern geht es in Julia Ludwigs Arbeiten auch um die
Untersuchung der eigenen Erkenntnisprozesse, die sie in der Erfindung und Dekonstruktion von
Raum im Bild fortwährend neu formuliert und hinterfragt.
In Jochen Schneiders Zeichnungen erinnern vielschichtige Überlagerungen aus transparenten und dichten Formen an Blattwerk, Architektur und Landschaft – im weitesten Sinne an Dinge, Kommunikationen und Begegnungen. Dies alles sind Erfahrungen einer Wirklichkeit die Spuren hinterlassen und die Jochen Schneider in seinen meist kleinformatigen Graphitzeichnungen in neue ästhetische Formen übersetzt. Während einzelne Elemente und Strukturen still und zart erscheinen, wirken ihre bildimmanenten Dialogpartner kraftvoll und fast schon skulptural. Mit jedem Motiv versucht Jochen Schneider, ein neues Gleichgewicht zwischen diesen gegensätzlichen Elementen auszuloten und fängt Momente des Wandels, der Verunsicherung, der Erneuerung, der Veränderung ein. Wie eine Art Zwischenraum – ein dritter Ort – birgt der fiktionale Rahmen der Arbeiten Möglichkeiten auf diesen unumkehrbaren Verlust von Sicherheit zu reagieren.
Robert Cossens künstlerisches Interesse gilt dem grafischen Grundgerüst seines Umfelds.
Mit klassischen Mitteln des Hoch- und Tiefdrucks erzeugt er Bilder, die Versatzstücke von
Architektur, Beschriftungen und virtuellen Oberflächen aufgreifen. Sein Ausgangspunkt ist von der
Frage geleitet, wie die traditionelle Druckgrafik unser Bildverständnis beeinflusst hat und das
Grundgerüst visueller Kommunikation prägte.
In der Serie Blank erschafft Robert Cossen aus reduzierten Grundformen wie Ovalen, Rechtecken
und Kreisen abstrakte Bilder, die mit zeichenhaften Elementen der Typografie spielen. Im Collagendruck
betont er eine für die Druckgrafik untypische malerische Oberfläche, welche sich in mehreren
einzelnen Ebenen verdichtet und deren Arbeitsspuren jede Grafik zu einem Unikat werden
lassen.
In der Serie Weiße Lettern erscheinen Raster, Stoffmuster oder Architekturreliefs wie ein Textblock
auf einer Buchseite. Robert Cossen interessiert dabei das Zusammenspiel zwischen der Formensprache
lateinischer Schriftzeichen und den Strukturen moderner Industrieoberflächen.
Mehr Infos:
Julia Ludwig: www.julia-ludwig.com
Jochen Schneider: www.jochenschneider.net
Robert Cossen: www.cossen.de